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Franziska heiratet relativ jung, ein Sohn wird geboren - ihren Mann, einen Oberarzt am Krankenhaus, überrascht sie mit dem Wunsch, Theologie studieren zu wollen. Der sieht darin kein Problem und so kann sie in der benachbarten Universitätsstadt ihr Studium beginnen. Es stellt sich aber heraus, daß die Vorstellungen, die beide von Familie und vom Leben haben, auseinanderdriften und schließlich zur Scheidung führen. Die Konfliktfelder verdichten sich, die Auseinandersetzungen auf den verschiedensten Gebiete nehmen an Heftigkeit und Häufigkeit zu. Eine neue Beziehung, die Franziska eingeht, bringt sie als Pfarrfrau in eine benachbarte Kreisstadt. Das Ehepaar versucht neue Wege in der Jugendarbeit, über den kircheninternen Gemeindehorizont hinaus. Die staatliche Reaktion läßt nicht lange auf sich warten: Drohungen, offene Beschattung, Inszenierung von Zwischenfällen. Jahre später kann Franziska in ihrer Stasi-Akte die einzelnen Schritte dieser Aktionen beschrieben finden, kann die Spitzelberichte aus der Nachbarschaft nachlesen. Sicher, viele Aktivitäten des Ehepaares lösen auch innerhalb der Kirche Stirnrunzeln aus, ja die Kirchenleitung fühlt ihr mühsam ausgetüfteltes und austariertes Geflecht der Beziehungen zwischen Staat und Kirche gefährdet. Als das Pastorenpaar schließlich einen Ausreiseantrag stellt, wird diesem in kürzester Zeit entsprochen: man ist lästige Mahner und Kritiker los. Der Roman ist von großer Authentizität. Er berichtet von Liebe und selbstlosen Freundschaften, aber auch von Feigheit und Verrat, von der letztlich doch nutzlosen Brutalität eines Staates, der an einem Übermaß von Dummheit, Arroganz und Ignoranz kurze Zeit später unterging.
Dieser Roman ist nicht nur lesenswert, er ist ein Zeitdokument.
Die Autorin lebt und arbeitet heute als evangelische Religionslehrerin im deutschsprachigen Teil Belgiens.
Reiner Krziskewitz / Bernburg/Saale
(erschienen in : Mitteldeutsche Zeitung)
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